Gutshaus Vogelsang

Baudenkmal

Das Herrenhaus Vogelsang ist eines der markantesten Gutshäuser im Landkreis Rostock und gehört zu den interessantesten neugotischen Bauten Mecklenburgs. Es wurde Mitte des 19. Jahrhunderts durch Hans Carl Peter Manecke für repräsentative Zwecke errichtet – samt Parkanlage im englischen Landschaftsstil. 1884 erwarb der Hamburger Kaufmann Julius Hüniken das Gut und ließ im Treppengiebel des Mittelrisalits sein Familienwappen mit dem so gennannten "Hüniken-Hühnchen" einfügen.

Der Kaufmann und Reederer Julius Hüniken war mit seiner Beteiligung an der "Transatlantischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft" und Gewinnen aus dem Handel mit Bodenschätzen, landwirtschaftlichen Produkten und Guano reich geworden. Sein Wappen mit dem spanischen Leitspruch "poco a poco se va lejos" (Schritt für Schritt kommt man zum Ziel) verweist auf diese erfolgreichen Verkaufstätigkeiten. 12 Jahre zuvor hatte er bereits Schloss und Gut Kaarz als Sommersitz erworben. Nach seinem Tod ließ sein Sohn Georg Julius in Vogelsang Umbauten am Herrenhaus und an der Fassade durchführen. Das bezeugen die Daten "1884 erworben" und "1893 erneuert" in den Zwickeln über dem Eingang. 

Der Ort Vogelsang wird 1379 erstmals urkundlich erwähnt – als Fürst Lorenz von Werle den Brüdern von Wozenitz diesen als Eigentum übergab. Die Rostocker Adelsfamilie von Wozenitz besaß das Gut bis 1734. Doch erst die nachfolgenden Besitzer, die Familie von Plessen, legte das Dorf Vogelsang an. Die Familie von Plessen, ein uraltes Mecklenburger Adelsgeschlecht, bewirtschaftete das Lehngut bis 1838. Es folgte bis 1856 die Familie Manecke, die das Herrenhaus errichten ließen. Danach ging das Anwesen an die Familie Rudloff, die 1884 den Wandel in ein Allodialgut – also abgabenfreies Gut – erwirkte und noch im selben Jahr an die Familie von Hüniken verkaufte. Unter diesen Eigentümern blühte der Besitz auf. Zahlreiche Zusatzbauten erfolgten, die teilweise bis heute erhalten sind. Dazu gehören der 1897 errichtete Marstall, der Wasserturm, das Kutscherhaus, das Inspektorenhaus sowie weitere Stallungen und Reste der ehemaligen Parkanlage. 

Das stattliche Herrenhaus, ein zweigeschossiger Backsteinbau, wurde über einem hohen Sockelgeschoss errichtet. Hinter der zinnengeschmückten Traufe verbirgt sich ein flaches Satteldach. Die Eingänge auf der Hof- und Parkseite werden durch Mittelrisalite mit vorgelagerten Freitreppen betont. Die kräftigen Pilaster am Mittelrisalit und den Hausecken münden in schmucken Filialtürmchen, die Vertikale unterstreichend. Die Horizontale wird durch breite Gurtbänder mit Schmuckfeldern, unter den Fenstern umlaufend, akzentuiert. 

Der Geist des Tudorstils zeigt sich auch in den spitzbogigen Türen und Seitenfenstern. Die doppelflügelige Eingangstür wird von einem Spitzbogenportal eingefasst, das zwei vorgelagerte Halbsäulen flankieren. Das darüber liegende Zinnenfries ist ebenfalls in gotischem Dekor gehalten. Bemerkenswert ist auch das große, dreiachsige Fenster mit gotischem Maßwerk und Spitzgiebel im ersten Obergeschoss des Mittelrisalits. Es beleuchtet das Treppenhaus bei Tageslicht. In den Seitenflügeln erheben sich hof- und parkseitig bis über den Dachfirst zwei mit Zinnen bekrönte turmartige Ausbauten. 

Die Familie Hüniken blieb bis zur Bodenreform und Enteignung 1945 im Besitz des Gutes. Das Herrenhaus diente anschließend zunächst als Versorgungsgut der Roten Armee und wurde später Volkseigenes Gut. Hier befand sich die Verwaltung sowie die Betriebsküche des VEG, außerdem eine Schwesternstation sowie einige Wohnungen. Das denkmalgeschützte Haus wurde ab 1985 teilweise restauriert. Nach 1990 stand es jedoch leer. Schließlich kauften zwei Schweitzer Brüder das Haus, die es jedoch weder sanierten noch den Leerstand beendeten. Der Verfall drohte. 2010 kaufte dann Dr. Robert Uhde das Anwesen. 2011/2012 wurde eine Notsanierung durchgeführt – mit Unterstützung des Landesamtes für Denkmalpflege und des Amtes für Landwirtschaft. 2013 konnten die Freitreppen restauriert werden, die weitere Sanierung erfolgt Schritt für Schritt. 

Mittlerweile ist das Haus der Familie Uhde bekannter Veranstaltungsort zahlreicher Feste und Events. Jährlich finden u.a. das "Victorian Art Festival", das "Pferdegeflüster" und die  "MittsommerRemise" statt, deren Initiator Dr. Robert Uhde ist. Die lange Nacht der nordischen Guts- und Herrenhäuser ist mittlerweile so erfolgreich, dass sie auch über Mecklenburg hinaus in Vorpommern, Polen, Litauen und Dänemark gefeiert wird.

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